Frau oder Mann – wer lernt Sprachen leichter?
Ein gängiges Klischee besagt, dass Frauen eine Fremdsprache leichter lernen, weil sie ohnehin kommunikativer sind als Männer. Platt gesagt: Da sie sowieso mehr reden, fällt es ihnen auch nicht so schwer, das in einer anderen Sprache zu tun. Was aber sagt die neurobiologische Forschung dazu? Ist Fremdsprachenerwerb geschlechtsabhängig? Und lernen Frauen Sprachen wirklich leichter?
Studien haben nachgewiesen, dass bereits im Mutterleib weibliche Föten ihren Mund wesentlich öfter bewegen als männliche. Daraus auf ein besseres Sprachvermögen zu schließen, wäre natürlich mehr als übertrieben. Aber nachgewiesen wurde zudem, dass die Sprachzentren bei Frauen um einiges umfangreicher sind als bei Männern.
Das Broca-Areal, das für die Produktion von Sprache zuständig ist, ist im weiblichen Gehirn immerhin 20 Prozent größer als im männlichen. Und das Wernicke-Areal, als Sprachverarbeitungszentrum verantwortlich für das Verstehen von Sprache, ist bei Frauen sogar um 30 Prozent größer. Frauen haben außerdem eine größere neuronale Vernetzung bei der Verarbeitung von Hörinformationen. Das alles könnte ihnen tendenziell Vorteile beim Lernen einer Fremdsprache verschaffen.
Fremdsprachenerwerb geschlechtsabhängig: die Methoden sind anders
Eine US-amerikanische Studie hat 1995 das Gehirn von 19 Frauen und 19 Männern untersucht, die sich einem Sprachtest unterzogen haben. Es ging dabei um unterschiedliche Fähigkeiten wie Rechtschreibung, Semantik und Aussprache. Ergebnis war, dass bei Männern vor allem die linke Gehirnhälfte aktiviert ist. Hier findet auch die sprachliche Verarbeitung statt. Die linke Gehirnhälfte ist generell für logische, analytische und rationale Prozesse verantwortlich, während die rechte Gehirnhälfte als Ort kreativer und emotionaler Prozesse gilt.
Bei den Frauen waren während des Tests beide Gehirnhälften aktiviert. Ihr Gehirn stellte mehr Verbindungen her. Dennoch wurde bei diesem Test kein signifikanter Unterschied zwischen den Leistungen der Frauen und der Männer festgestellt. Männer und Frauen nutzen ihr Gehirn also tatsächlich anders, aber mit ähnlichem Ergebnis. Man könnte also schlussfolgern, dass auch Fremdsprachenerwerb geschlechtsabhängig ist. Aber keines der Geschlechter lernt generell leichter oder besser, nur die Methode ist anders. Nicht nur im Bezug auf das Gehirn.
Diverse Studien kommen auch zu dem Ergebnis, dass Frauen andere und vielfältigere Methoden zum Sprachen lernen nutzen. Sie konzentrieren sich außerdem auf verschiedene Aspekte der Sprache wie Wortschatz und Aussprache gleichzeitig, während Männer sich oft auf eine einzige Sache fokussieren.
Schreiben Sie einen Kommentar Antworten abbrechen
Sie müssen angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Suche im Blog
Neueste Beiträge
Unsere Autorin
Ariane Suckfüll arbeitet als DaF/DaZ-Dozentin, Journalistin und Prüferin. Als Lehrerin hat sie schon auf allen Niveaustufen unterrichtet. In letzter Zeit war sie vor allem in der Flüchtlingshilfe aktiv. Als Journalistin war sie viele Jahre für verschiedene, auch internationale Fachzeitschriften tätig und oft im Ausland unterwegs. Für den Blog Unterrichtspraxis DaF/DaZ verbindet sie Erfahrungen aus beiden Bereichen.