Deutsch hat den Ruf einer Sprache, die nicht leicht zu erlernen ist. Doch warum empfinden viele Deutschlernende das so? In der Regel lernen Menschen eine Fremdsprache leichter, wenn sie in Lautsystem und Struktur ihrer L1 oder einer anderen Sprache ähnelt, die sie bereits beherrschen. Das Deutsche jedoch weist einige Charakteristika auf, die nicht so häufig sind in der Welt der Sprachen. Ein Blick auf die deutsche Grammatik und ein paar ihrer Besonderheiten.

Auf die Frage, was am Deutschen besonders schwierig ist, antworten die meisten Deutschlernenden spontan: die Artikel. Deutschlehrende haben für sie meist nur den Tipp, bei Substantiven den Artikel immer mitzulernen. Denn mit Logik kann die deutsche Sprache hier leider nicht dienen. Das Genus eines Substantivs entspricht nicht unbedingt dem realen Geschlecht, und auch die Endung der Wörter sagt nichts darüber aus. In vielen Sprachen ist das anders. Meist beschränkt man sich auf Maskulin und Feminin. Oder gebraucht einfach gar keine Artikel.

Aber Artikel sind nicht die einzige Wortart, die andere Sprachen häufig nicht benutzen. Auch die Personalpronomen sind oft nicht zwingend notwendig. Zum Beispiel im Spanischen oder Italienischen, wo die Form des Verbs schon für eine eindeutige Aussage reicht. Das Deutsche dagegen kommt nicht ohne ein Personalpronomen aus, wo ein entsprechendes Substantiv fehlt.

Deutsche Grammatik: warten aufs Verb

Die zweite häufig genannte Herausforderung der deutschen Sprache ist die Stellung des Verbs im Nebensatz. Man könnte sagen, für Deutsch braucht man einen großen Arbeitsspeicher. Denn bei einem langen Nebensatz muss alles, was vor dem Verb steht, so lange im Kopf behalten werden, bis das Verb endlich Klarheit hinsichtlich der Bedeutung schafft.

Das lange Warten gilt nicht nur für den Nebensatz, denn im Deutschen sind die Zeitformen meistens zusammengesetzt. Eigentlich haben wir nur zwei eindeutige Formen: Präsens und Präteritum. Das bedeutet für die zusammengesetzten Zeitformen: Die Aussagen werden auch erst mit Ende des Satzes klar (Ich habe gestern lang … gearbeitet) . Überhaupt tendiert der deutsche Satzbau dazu, das Wichtige in den hinteren Teil des Satzes zu verlegen.

Zwar gibt es für die Position des flektierten Verbteils im Satz nicht so viele Varianten, dafür dürfen die anderen Satzglieder relativ frei verschoben werden. Eine eindeutige Struktur fehlt vielen Lernenden. Dafür ist das Deutsche streng, was die Wortgruppen betrifft. Das deklinierte Adjektiv etwa muss seinen Platz immer vor dem dazugehörigen Substantiv finden. Für viele Deutschlernende ist das sehr ungewohnt, weil sie die umgekehrte Reihenfolge viel logischer finden.

Verwirrend ist manchmal auch die deutsche Wortbildung. Je nach Vorsilbe ändert ein Wort plötzlich seine Bedeutung. Und diese hat in vielen Fällen nichts mehr mit dem zweiten Wortteil zu tun. Ein konkretes Beispiel aus der Praxis: Die Wörter Einfall und Durchfall lassen sich mithilfe des Verbs fallen noch einem Erklärungsmuster zuordnen (eine Idee fällt in den Kopf hinein, Nahrung fällt durch den Darm hindurch). Beim Wort Beifall versagt dieser Erklärungsansatz allerdings kläglich.

Gerade für Lehrende mit Deutsch als Muttersprache ist es gut, sich Besonderheiten der deutschen Grammatik immer mal wieder bewusst zu machen. So vergisst man nicht, vor welche Herausforderungen das Deutsche viele Lernende stellt.

 


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