Gruppendynamik: Tipps für homogene Kurse
Meist beschäftigen wir uns mit den Herausforderungen heterogener Kurse und deren Gruppendynamik. Doch auch sehr homogene Gruppen haben diesbezüglich ihre Tücken. Zwei Beispiele aus der Praxis und zwei einfache Lösungsvorschläge:
„Ich kann sie einfach nicht zum Sprechen animieren“, klagt Kollegin M. „Egal welches Thema ich in die Runde werfe, es kommt einfach kein Gespräch in Gang.“ Sie fühle sich wie ein Alleinunterhalter und sei nach dem Unterricht entsprechend ausgelaugt. So etwas habe sie wirklich selten erlebt, ergänzt M. Zumal die Teilnehmer auf B2-Niveau und die nötigen Sprachkenntnisse folglich vorhanden seien.
Ich stecke zu diesem Zeitpunkt in ganz anderen Schwierigkeiten. Mein Kurs ist nämlich das genaue Gegenteil. Die Teilnehmer sind durchgehend sehr rede- und diskussionsfreudig. Grundsätzlich schön, aber die Lernenden sind so temperamentvoll, dass sie sich gegenseitig kaum ausreden lassen und Diskussionen kein Ende finden. Natürlich ist es mein Job zu moderieren. Aber ich komme mir dabei vor wie Anne Will in einer ihrer schwierigeren Sendungen. Am Ende bin ich ähnlich erschöpft wie Kollegin M. – und die Teilnehmer auch.
Die Gruppendynamik steuern
Für beide Fälle gibt es zwei einfache und praktische Lösungen, die sogar für beide Gruppen gleich lauten:
Mehr Partnerarbeit: Diese Sozialform bietet in beiden Kursen Vorteile. Redefreudige Teilnehmer können ihre Freude am Sprechen voll ausleben, weil sie mehr zu Wort kommen als bei einer Diskussion im Plenum. Wichtig sind Aufgaben, bei denen beide Partner auf ihre Kosten kommen und den gleichen Redeanteil haben. Bei Rollenspielen könnte man zum Beispiel nach einer Zeit die Rollen tauschen.
Bei Interviews zu bestimmten Themen könnte einer zunächst die Fragen stellen, der andere die Antworten geben – danach umgekehrt.
Der Vorteil der Partnerarbeit liegt auch beim anderen Extrem, dem insgesamt sehr zurückhaltenden Kurs, auf der Hand. Wem es unangenehm ist, sich vor allen zu äußern, traut sich im Partnergespräch vielleicht eher. Schutz bietet zusätzlich der Geräuschpegel, der eintritt, wenn mehrere Paare miteinander sprechen. Bei eher sprachungeübten Lernenden ist es besonders hilfreich, die entsprechenden Aufgaben mit Redemitteln vorzuentlasten.
Unterschiedliche Aufgaben: Teilnehmer übernehmen zum Beispiel jeweils andere Aufgaben auf einem Arbeitsblatt, beantworten unterschiedliche Fragen zu einem Lesetext oder erarbeiten Kurzpräsentationen zu unterschiedlichen Themen. Jeder wird also „Experte“ auf seinem Gebiet. Das hat im lebhaften Kurs den Vorteil, dass sich die Teilnehmer nicht ständig ins Wort fallen, weil jeder für sein spezielles Wissen eine Bühne bekommt.
Schüchterne oder unsichere Teilnehmer werden entlastet, weil ihre Lösungen nicht mit denen anderer Teilnehmer vergleichbar sind. Und für Menschen, die nicht gern die Initiative ergreifen und sich in den Mittelpunkt drängen, ist es auch eine Erleichterung, eine klare Aufgabenstellung zu bekommen.
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Unsere Autorin
Ariane Suckfüll arbeitet als DaF/DaZ-Dozentin, Journalistin und Prüferin. Als Lehrerin hat sie schon auf allen Niveaustufen unterrichtet. In letzter Zeit war sie vor allem in der Flüchtlingshilfe aktiv. Als Journalistin war sie viele Jahre für verschiedene, auch internationale Fachzeitschriften tätig und oft im Ausland unterwegs. Für den Blog Unterrichtspraxis DaF/DaZ verbindet sie Erfahrungen aus beiden Bereichen.