Korrigieren oder nicht korrigieren?
Soll man mündliche Äußerungen sofort korrigieren? Darauf gibt es eigentlich keine eindeutige Antwort. Manche Lehrende legen von Anfang an großen Wert auf möglichst korrekte mündliche Äußerungen, andere möchten ihren Kursteilnehmer/innen die Freude am Sprechen nicht verderben und verzichten weitgehend auf Korrekturen. Beide Positionen haben ihre Berechtigung. Letztlich entscheiden auch hier die individuellen Bedürfnisse der Lernenden.
„Bitte korrigieren Sie mich gleich, wenn ich etwas falsch sage.“ Diesen Wunsch kennen die meisten Lehrer/innen. Meist sind es vor allem ehrgeizige Teilnehmer/innen, die sich so äußern. Es ist allerdings gar nicht so leicht, dieser Bitte nachzukommen. Denn streng genommen passieren auch auf höheren Sprachniveaus noch zahlreiche Fehler, und wollte man sie alle sofort korrigieren, müsste man die Lernenden relativ oft unterbrechen.
Manchmal besser: reden lassen
Das ist auch für sehr selbstbewusste Menschen ziemlich frustrierend. Schlimmer noch: Der Gedankenfluss, der im Kopf des Sprechenden abläuft und dafür sorgt, dass er Satz um Satz produzieren kann, wird ständig unterbrochen. Der Sprecher verliert immer wieder den roten Faden und flüssiges Reden wird unmöglich. Besser ist also, bei langen Sprechakten nur Fehler zu korrigieren, die das Verständnis wirklich beeinträchtigen. Beispielsweise durch kurze Zwischenfragen.
Bei kürzeren Sprechakten ist es möglich, am Ende zu korrigieren. Eine dezente Möglichkeit ist, das Gesagte noch einmal zu wiederholen, zum Beispiel nach dem Schema: „Sie sind also der Meinung, dass … .“
Ganz auf Korrekturen zu verzichten, ist auf Dauer auch keine Lösung. Denn dann kommt es häufig zu sogenannten Fossilierungen. Einmal falsch Erlerntes wird ständig wiederholt und prägt sich so ein. Ein Umlernen wird immer schwieriger. Dieses Phänomen ist oft zu beobachten bei Menschen, die eine Sprache ohne einen Sprachkurs selbständig gelernt haben und von ihrer Umwelt nie oder kaum korrigiert wurden.
Es gibt aber durchaus Situationen, in denen es besser ist, wenn Lehrende erst einmal auf das Korrigieren verzichten. Beispielsweise bei unsicheren, zurückhaltenden Kursteilnehmern, die sich selten zu Wort melden. Hier steht wirklich zunächst im Vordergrund, dass die Lernenden sich überhaupt trauen zu sprechen – und nicht gleich wieder durch Korrekturen demotiviert werden.
Schriftliche Fehlerkorrektur
Zur weiterführenden Lektüre zum Thema lesen Sie den Artikel „Wirksamkeit der schriftlichen Fehlerkorrektur“ von Marion Grein.
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Unsere Autorin
Ariane Suckfüll arbeitet als DaF/DaZ-Dozentin, Journalistin und Prüferin. Als Lehrerin hat sie schon auf allen Niveaustufen unterrichtet. In letzter Zeit war sie vor allem in der Flüchtlingshilfe aktiv. Als Journalistin war sie viele Jahre für verschiedene, auch internationale Fachzeitschriften tätig und oft im Ausland unterwegs. Für den Blog Unterrichtspraxis DaF/DaZ verbindet sie Erfahrungen aus beiden Bereichen.