Aussprache: Das A und O für Ü und Ö sind I und E
Je jünger, desto besser. Auch wenn diese Regel auf das Erlernen einer Fremdsprache nicht grundsätzlich zutrifft: Für die Aussprache gilt sie auf jeden Fall. Kleine Kinder sind im Gegensatz zu Erwachsenen noch in der Lage, neue Laute zu bilden. Deswegen können sie sich eine weitere Sprache so gut aneignen, dass ihre Aussprache von der eines „Muttersprachlers“ nicht oder kaum zu unterscheiden ist. Diese Fähigkeit geht mit zunehmendem Alter gänzlich verloren.
Dann kann man beim Lernen einer Fremdsprache meist nur noch auf das Arsenal an Lauten zurückgreifen, das in der jeweiligen L1 zur Verfügung steht. Dieses überträgt man möglichst passend auf eine neue Sprache. Das Ergebnis ist ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Akzent. Die Laute sind zwar im Idealfall sehr ähnlich, aber werden eben nicht identisch gebildet wie bei einem L1-Sprecher. Solange dieser Akzent das Verstehen nicht erschwert, ist das auch kein Problem. Oft empfinden wir bestimmte Akzente sogar als besonders sympathisch.
Problematischer kann es werden, wenn die Laute der L1 in der zu lernenden Sprache überhaupt nicht vorkommen. Im Deutschen sind es zum Beispiel die Umlaute Ö und Ü, die in vielen Sprachen unbekannt sind. Erschwerend kommt bei diesen beiden Lauten hinzu, dass sie manchmal bedeutungsverändernd wirken. Beispielsweise beim Konjunktiv: Es macht eben einen Unterschied, ob jemand etwas „musste“ oder „müsste“. Und es ist auch nicht egal, ob jemand etwas „konnte“ oder „könnte“.
Über Umwege zum Ziel
Wie kann man Lernenden die Bildung dieser Laute näherbringen? Indem man ihnen einen Umweg zeigt: Der Umlaut Ü wird im Bereich der vorderen Zunge gebildet, und zwar an der gleichen Stelle wie der Vokal I. Einzig die Stellung der Lippen macht aus dem I ein Ü. Bei letzterem werden die Lippen gerundet. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ö. Es entsteht aus dem Vokal E, wenn wir die Lippen in eine runde Form bringen. Das können Lehrende den Kursteilnehmer/innen gut demonstrieren, indem sie es ihnen einfach vormachen und zusätzlich zum Beispiel durch eine Zeichnung visualisieren.
Die Lernenden machen diese Ausspracheübung am besten regelmäßig vor einem Spiegel, damit sie die Rundung der eigenen Lippen auch sehen können. Natürlich verändert eine derartige Trockenübung die Aussprache im Redefluss nicht sofort. Aber sie hilft dabei, die Bildung der unbekannten Laute bewusst nachzuvollziehen und sie irgendwann zu automatisieren.
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Unsere Autorin
Ariane Suckfüll arbeitet als DaF/DaZ-Dozentin, Journalistin und Prüferin. Als Lehrerin hat sie schon auf allen Niveaustufen unterrichtet. In letzter Zeit war sie vor allem in der Flüchtlingshilfe aktiv. Als Journalistin war sie viele Jahre für verschiedene, auch internationale Fachzeitschriften tätig und oft im Ausland unterwegs. Für den Blog Unterrichtspraxis DaF/DaZ verbindet sie Erfahrungen aus beiden Bereichen.