In vielen Sprachen gibt es das grammatische Geschlecht Genus und die Artikel nicht. In manchen gibt es nur zwei Genera oder das Genus wird anders markiert. Definite und indefinite Artikel gibt es nur in rund 8 Prozent der Sprachen weltweit. Viele Lernende haben deswegen überhaupt keine Vorkenntnisse oder sehen diesbezüglich keine Logik in der deutschen Sprache.

DaF-Dozentin Dr. Angela Lipsky lehrt seit vielen Jahren an der Sophia-Universität in Tokyo und ist mit diesen sprachlichen Themen bestens vertraut. Denn auch das Japanische kennt weder Genus noch Artikel. Sie gibt Lehrenden Tipps für die Vermittlung.

Genus und Sexus – die erste Regel

Es ist sinnvoll, Genus und Artikel auf Sprachniveau A1.1 in Etappen einzuführen: Zuerst sollte das Genus in Bezug auf Personen vermittelt werden. Die erste wichtige Regel ist hier das Genus-Sexus-Prinzip: Bezeichnungen für Männer sind in der Regel maskulin, für Frauen feminin.

Dazu gehört die Geschlechtsunterscheidung mittels der Pronomen er/sie. Ebenfalls das Geschlecht bei Berufen, das durch die entsprechende Endung gekennzeichnet wird: Lehrer/-in. Und schließlich die Kongruenz bei Possessivartikeln: mein Opa/meine Oma.

Das Genus-Sexus-Prinzip funktioniert nur bei Paarformen, also wenn es einen männlichen und weiblichen Part gibt (aber immerhin mit einer Validität von 86 Prozent). In allen anderen Fällen ist das Genus eine grammatische Kategorie (z. B. der Mensch, die Person, das Mitglied).

Grammatisches Genus – welche Regeln weiterhelfen

Im zweiten Schritt sind die Definitartikel (der, die, das) und das Genus für Unbelebtes an der Reihe.

Oft wird hier den Lernenden geraten, einfach jedes neue Nomen gleich mit dem entsprechenden Artikel zu lernen. Aber können Lehrende vielleicht auch ein paar Regeln an die Hand geben?

Lipsky weist darauf hin, dass Nomen, die auf -e enden, mit einer Validität von rund 90 Prozent im Grundwortschatz weiblich sind (z.B. Kette, Tasche, Lampe).
Die Endungen -er, -el, -en markieren oft männliche Wörter, allerdings ist hier die Validität mit ca. 66 Prozent geringer (z.B. Drucker, Schlüssel, Wagen). Auch einsilbige Wörter sind häufig Maskulina.
Die Endungen -chen und -lein markieren immer Neutra. Die Endungen -heit, -keit, –ung, -schaft, -ei, -in und -ion kennzeichnen (fast) immer Feminina.

Erst im dritten Schritt ist es sinnvoll, die Indefinitartikel (ein, eine), Negativartikel (kein, keine) und Nullartikel (am Beispiel von Stoffnamen, z. B. aus Plastik) einzuführen.

Üben mit Spaß

Eine belebende Art, die Artikel zu trainieren, ist die sogenannte Artikelgymnastik. Die Lehrkraft liest der Reihe nach den neuen Wortschatz vor. Ist der Artikel der, heben die Lernenden den rechten Arm, bei das den linken Arm und bei die beide Arme. Das lässt sich natürlich beliebig abwandeln, was die Bewegungen betrifft: zum Beispiel ein Schritt nach rechts, nach links oder nach vorne.

Diese Gymnastik funktioniert auch gut in Gruppen. Die Lehrkraft bildet drei Gruppen: der – die –das. Anschließend liest sie die Nomen vor. Wenn eine Gruppe der Meinung ist, ihr Artikel ist der richtige, steht sie auf.

Ein effektives kleines Lernspiel ist das 2-Minuten-Spiel: Wer findet in einem kleinen Text die meisten Maskulina mit der Endung -er, Neutra mit der Endung -chen und Feminina mit der Endung -e. Dieses Spiel ist auch sehr sinnvoll, um auf Ausnahmen aufmerksam zu machen, z. B. Wörter, die zwar auf -e enden und beim Scannen des Textes auf diese Endung gefunden werden, aber dennoch maskulin sind (z. B. der Käse).

Allen Lehrenden, die gern selbst Material erstellen, rät Lipsky,  die unterschiedlichen Artikel nicht farbig zu schreiben. Besser ist es, die Nomen in Farbkategorien einzuteilen: Zum Beispiel sind alle Maskulina blaue Wörter, Feminina rot und Neutra gelb. Dies beugt Missverständnissen vor, denn der Artikel verändert sich je nach Fall und in Bezug auf Singular und Plural (z. B. die als Artikel vor Feminina im Singular, aber auch vor allen Genera im Plural).