Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation (GFK) geht auf den US-amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg zurück. Rosenberg erforschte, inwieweit unsere Sprache zu Gewalt beiträgt. Ein Thema, das in Zeiten von Hate Speech in sozialen Netzwerken aktueller ist denn je. Gewaltfreie Kommunikation (GFK) soll es Menschen ermöglichen, in einer Art und Wiese miteinander zu kommunizieren, die zu mehr Vertrauen, Klarheit und auch Freude in Gesprächen führt.

Rosenbergs Konzept zur gewaltfreien Kommunikation entstand aus seiner Auseinandersetzung mit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den frühen 1960er Jahren. Er selbst war bis zu seinem Tod 2015 in vielen Krisengebieten der Welt unterwegs, um dort mit seinem Konzept an friedlichen Lösungen mitzuarbeiten.

GFK wird übrigens auch Giraffensprache genannt: Die langhalsigen Giraffen haben nicht nur den besten Überblick und nötigen Abstand zur Beobachtung, sondern auch das größte Herz aller Landtiereein Symbol für Mitgefühl und Empathie.

Wie gewaltfreie Kommunikation funktioniert und auch den Sprachunterricht positiv beeinflussen kann, referierte DaF-Dozentin und Fortbildnerin Hannah Bach im Rahmen des 5. Hueber Fachtags Kinder und Jugendliche, der unter dem Motto stand: Sprechkompetenz fördern: Mit Motivation zum Erfolg!

Dabei skizzierte sie die 4 grundlegenden Schritte in der GFK:

Schritt 1: Beobachtungen in der gewaltfreien Kommunikation

Beobachtungen sind keine Bewertungen und sollten daher auch nicht als solche geäußert werden. Bach bringt hier als Beispiel den Satz einer Lehrkraft: Du hast heute wieder über die vielen Hausaufgaben geklagt. Das Verb klagen ist nicht neutral und unterstellt dem Gegenüber eine bestimmte Haltung, bewertet also. Die Reaktion darauf ist in der Regel Abwehr. So entsteht eine Situation, in der ein konstruktives Gespräch kaum möglich ist.

Eine neutrale Aussage im Sinne einer Beobachtung wäre: Du hast heute zum 2. Mal gesagt, dass Du die Menge der Hausaufgaben zu groß findest. Auf dieser Basis kann sich viel eher ein Gespräch entwickeln.

Ebenfalls vermeiden sollten Lehrende Annahmen als gesichertes Wissen, zum Beispiel eine bewertende Aussage wie: Wenn Du oft nicht am Kurs teilnimmst, bestehst Du die Prüfung nicht. Besser wäre: Du hast fünfmal im Kurs gefehlt. Ich mache mir Sorgen, dass Du die Prüfung nicht bestehst. Die Ergänzung einer eigenen Emotion ist im Kontext der GFK erwünscht.
Denn eigentlich stecken hinter Bewertungen und Urteilen unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse, die wir im Sinne der GFK auch ausdrücken sollten.

Schritt 2: Gefühle in der gewaltfreien Kommunikation

Gefühle sind keine Gedanken lautet ein weiteres Prinzip der GFK. Ein Satz wie Ich habe das Gefühl, Du hörst mir nicht zu. drückt eigentlich gar kein Gefühl aus, sondern ist eine Interpretation der Situation. Beim Gegenüber kommt so eine Äußerung oft wie ein Vorwurf an und ist somit keine Basis für ein gutes Miteinander.

Was die Lehrkraft eigentlich sagen will, könnte so lauten: Wenn ich sehe, wie Du mit anderen sprichst, während ich etwas erkläre, fühle ich mich nicht respektiert. Außerdem mache ich mir Sorgen, dass Du das Thema so nicht verstehst.

Schritt 3: Bedürfnisse in der gewaltfreien Kommunikation

Hier ist es wichtig, zwischen Gefühl und Bedürfnis zu unterscheiden. Ein Gefühl ist kurzfristig und bezieht sich auf einen Moment: Was fühle ich jetzt? Ein Bedürfnis ist langfristiger und bedeutet: Was brauche ich generell, um mich wohl zu fühlen? In der GFK werden Gefühle und Bedürfnisse verknüpft, z. B mit einer Aussage wie: Ich fühle mich frustriert, weil mir Ordnung wichtig ist.
Ausschlaggebend in der GFK ist also, das eigene Bedürfnis zu äußern und nicht die Erwartung an das Gegenüber.

Schritt 4: Bitten in der gewaltfreien Kommunikation

Hier gilt: Bitten sind keine Forderungen. Sätze wie Kommen Sie ab jetzt pünktlich oder Sie müssen Ihre Hausaufgaben machen, sind eigentlich Forderungen. Das Ergebnis ist entweder Rebellion oder Unterwerfung. Bei letzterem wird zwar die Forderung erfüllt, aber letztlich mit unangenehmen Gefühlen, was sich negativ auf die Beziehung auswirkt.

Hier hat Hannah Bach einen einfachen sprachlichen Tipp: Bitten im Konjunktiv formulieren und am besten zusätzlich ein bitte ergänzen: Könnten Sie bitte in Zukunft pünktlich kommen.

Mehr zu gewaltfreier Kommunikation erfahren Sie im nächsten Webinar mit Hannah Bach am 14. Mai 2025:

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Webinartipp:
Sprechen Sie Giraffensprache?

Hueber-Webinar mit Hannah Bach am 14.05.2025:

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