Translanguaging heißt für mich, das gesamte sprachliche Repertoire der Lernenden als wertvolle Ressource im Unterricht zu integrieren.“ sagt Paula Hilker, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Im herkömmlichen Sprachunterricht dominiert meist eine Unterrichtssprache, die Sprachen der Lernenden bleiben unberücksichtigt. Darin steckt aber viel Potenzial für den Lernprozess. Genau hier setzt Translanguaging an.

Die These lautet: Mehrsprachige Sprecher*innen wählen sprachliche Mittel aus einem sprachlichen Repertoire. Unterschiedliche Sprachen werden also nicht isoliert voneinander gesehen. Ziel ist, Mehrsprachigkeit zu aktivieren und wertzuschätzen und damit auch eine höhere Beteiligung am Unterricht zu erreichen.

Translanguaging ganz konkret

Wie Translanguaging im Sprachunterricht aussehen kann, demonstriert Hilker anhand einer Unterrichtsbeobachtung in einer Kölner Grundschule: Vier Mädchen versuchen gemeinsam, sich ein Kapitel aus einem Kinderbuch zu erschließen.
„Warum versteht Tom das Gespenst nicht?“ fragt Sina. Ihre Mitschülerinnen Lina und Azra betrachten kurz ihre deutschen Notizen und diskutieren anschließend auf Türkisch. Schließlich erklärt Lina ihre Schlussfolgerung auf Türkisch: „Hayalet tuhaf konusuyordu.“ „Und was heißt das auf Deutsch?“ fragt Melina. „Das Gespenst redet komisch.“, antwortet Lina. Und Mitschülerin Azra nickt zustimmend: „Evet!“

Was passiert in dieser Szene, was typisch für Translanguaging ist? Die Lernenden wählen eigenständig die Sprache, in der sie sich unterhalten. Sie wechseln dabei flexibel zwischen unterschiedlichen Sprachen, so wie es für die jeweilige Situation passend ist. Die Diskussion erfolgt zwar auf Türkisch, der Austausch mit den Mitschülerinnen dann wieder auf Deutsch. So wird das gesamte sprachliche Repertoire der einzelnen Personen genutzt. Es geht nicht um die „richtige“ Sprache, in Bezug auf den Sprachunterricht also die Sprache, die erlernt werden soll, sondern um das Verstehen.

Der Einsatz von Translanguaging im Sprachunterricht fördert also sprachliche Teilhabe, individuelle Ausdrucksmöglichkeiten, das Verstehen komplexer Inhalte und nicht zuletzt Motivation und Selbstwirksamkeit. Alles gute Gründe, um Translanguaging zu integrieren. Hilker gibt Lehrenden hier einige Tipps, wie das funktionieren kann.

Tipps für den Einsatz von Translanguaging im Sprachunterricht

Zum Beispiel können Übersetzungs- und Wörterbuchtools im Unterricht eingesetzt werden. Sie ermöglich einen schnellen Wechsel zwischen den Sprachen und können von den Lernenden selbstständig genutzt werden, um sich Aufgabenstellungen oder Fachtexte zu erschließen.

Vorabübersetzungen lassen sich so ebenfalls erstellen und sind ein praktikables und gutes Mittel, denn Anweisungen und Lernziele in der Erstsprache unterstützen die Vorbereitung und das Textverständnis.

Eine schöne Idee sind mehrsprachige Wörter-Wände. Begriffe, die im Unterricht thematisiert werden, werden sowohl visuell als auch mehrsprachig dargestellt. Zum einen wird damit die Sprachenvielfalt im Sprachunterricht bildlich aufgegriffen und wertgeschätzt. Zum anderen kann so der Wortschatz verankert werden.

Auch sogenannte Murmelphasen gehören zum Translanguaging. Das bedeutet, einen kurzen Austausch in der Erstsprache der Lernenden zulassen – zum Beispiel kurz vor einer Präsentation. Und natürlich können Lehrende den Lernenden auch bei Gruppenarbeiten die Möglichkeit geben, zwischen unterschiedlichen Sprachen zu wechseln. Präsentiert werden die Ergebnisse dann auf Deutsch.

Mehr zu Translanguaging erfahren Sie im nächsten Webinar mit Paula Hilker am 16. Juni 2025:

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Webinartipp:
Miteinander mehrsprachig: Translanguaging im Sprachunterricht

Hueber-Webinar mit Paula Hilker am 16.06.2025:

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